Helga Hung

Submission to Health Canada Wind Turbine Noise and Health Study, 2012

Helga Hung
Am Ziegelstadel 17 · 87439 Kempten
Tel. 0831-5239829 · Fax 0831-5239830

Sehr geehrter Herr Michaud,

im Herbst 2000 wurden wir, wie auch alle anderen Nachbarn, überredet in unserer Nähe Windkraftanlagen zu bauen. Umweltfreundlich, klimaschützend, an die Kinder denken, waren die Schlagwörter.

Wir lebten im Außenbereich und im Dorf bildete sich eine Bürgerinitiative.

Ein Telefonanruf mit der Äußerung, dass man uns nicht verstehe, warum wir da mitmachen wo in unserer Familie doch drei Behinderte leben, irritierte uns.

Wir begannen nachzuforschen wie andere die bereits im Umkreis von Windkraftanlagen lebten damit klarkommen, denn schließlich waren die Schlagwörter doch umweltfreundlich und an Kinder denken.

Wir bekamen ernsthafte Zweifel, ob unser Handeln richtig war. Gott sei Dank war nur mein Mann Mitglied der Betreibergesellschaft, so dass ich mit zwei anderen Familien Klage gegen die Errichtung der Windkraftanlagen einreichen konnte.

Anfang 2002 gingen zwei 1,5 MW Windkraftanlagen in einem Abstand von 850 m zu unserem Wohnhaus in Betrieb.

Bei einem unserer behinderten Söhne (1 Adoptivkind und 1 Pflegekind) nahmen die epileptischen Anfälle deutlich zu. (siehe Anlage)

Ende 2004 wurde unsere Klage abgewiesen mit der Aussage, dass behinderte Menschen grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind und gesundheitliche Auswirkungen hinzunehmen haben.

Wir haben uns an das nächsthöhere Gericht gewandt und später an das Bayerische Verfassungsgericht.

Berücksichtigt werden in Deutschland nur der Durchschnittsmensch, keine Kinder, keine alten Menschen und keine Behinderte.

Prognostiziert in der Baugenehmigung wurden an unserem Wohnhaus 37 dBA.

Gemessen wurde für das Gerichtsverfahren am Nachmittag, bei fast Nennleistung 46 dBA. Das Gericht hat 3 dBA für den Wind abgezogen und demnach 43 dBA geschätzt.

Tieffrequente Geräusche im Wohnräumen werden in Deutschland nicht berücksichtig.

Mit freundlichen Grüßen

Helga Hung

Zusammenfassung

Verwaltungsgericht Augsburg

„Unabhängig davon, ob überhaupt ein wissenschaftlich nachweisbarer Zusammenhang zwischen den Einwirkungen der Windenergieanlagen und der von der Klägerin festgestellten Zunahme der Anfallshäufigkeit bei ihrem Sohn besteht, stellt das Baurecht und auch insbesondere das dem Schutz der Nachbarschaft dienende Gebot der Rücksichtnahme auf eine durchschnittliche Empfindlichkeit und Belastbarkeit der Betroffenen und nicht auf eine besondere, beispielsweise krankheitsbedingte Überempfindlichkeit ab.“

Bayerisches Verwaltungsgericht

„Davon abgesehen kommt es bei der Bestimmung der Erheblichkeit von Immissionen i. S. des

§ 3 Abs. 1 BImSchG nicht auf das Empfinden des jeweils individuell betroffenen, sondern auf das eines verständigen durchschnittlich empfindlichen Menschen in vergleichbarer Lage an (BVerwG vom 7.5.1996 BverwG 101,157/162; Landsmann/Rohmer, BImSchG, wie z.B. besondere Empfindlichkeit oder der Gesundheitszustand, spielen bei der Bewertung nur dann eine Rolle, wenn das fragliche Gebiet – etwa durch eine Einrichtung – insofern geprägt ist (OVG NW vom 1811.2002 NVwZ 2003, 756; Jarass, BImSchG, 7. Auflage 2007, RdNr. 53 zu §3).“

Bayerisches Verfassungsgericht

„Die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Auffassung, bei der Frage der Zumutbarkeit von Lärmeinwirkungen komme es auf die Sicht eines durchschnittlich empfindlichen Menschen in vergleichbarer Lage und nicht auf die persönlichen Verhältnisse einzelner Betroffener an, entspricht einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtssprechung (BVerwG vom 7.10.1983 = BVerGE 68, 62/67 m. w. N.; BVerwG vom 7.5.1996 = BVerGE 101, 157/162; BVerwG vom 18.8.2005; BVerwG vom 5.10.2005 = ZfBR 2006, 177). Das Bundesverwaltungsgericht hat diese typisierende Betrachtungsweise damit begründet, dass das Bauplanungsrecht die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Hinsicht auf der Grundlage objektiver Umstände mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung regeln solle; besondere Empfindlichkeiten oder der Gesundheitszustand einzelner Eigentümer oder Nutzer spielten daher bei der Bewertung von Lärmimmissionen keine Rolle (BVerwG vom 23.9. 1999 = BVerwGE 109, 314/324 m. w. N.; vgl. auch Schmidt-Aßmann, AöR 106 [1981], 205/212 ff.). Die Instanzgerichte sind dieser Argumentationlinie allgemein gefolgt (vgl. OVG NW vom 18.11.2002 = NVwZ 2003, 756/757; VGH BW vom 28.7.1998 = NVwZ 1999, 85/86; SaarlOVG vom 4.5.1994 Az. 8Q 2/94; OVG RP vom 30.11.1993 = UPR 1994, 273/274; OVG Berlin vom 5.10.1990 = BImSchG- Rspr § 22 Nr. 40), 273/274; OVG Berlin vom 5.10.1990 = BImSchG-Rspr § 22 Nr. 40), ebenso ein großer Teil des Schrifttums (vgl. Sparwasser/Engel/V0ßkuhle, Umweltrecht, Bd. I, RdNr. 15 a zu § 3 BImSchG; ders., NVwZ 1989, 193/195; Jarass, DVBI 1983, 725/729; Schmidt-Aßmann, a.a.O.). Im Anschluss an diese herrschende Auffassung durften die Gerichte auch im Fall der Beschwerdeführerin die Zumutbarkeit der Lärmbelästigung anhand des Leitbilds eines durchschnittlich empfindlichen Betroffenen bestimmen, ohne damit willkürlich zu handeln.

In Teilen der Literatur wird allerdings die Ansicht vertreten, drohende Gesundheitsbeeinträchtigungen seien auch dann erheblich, wenn sie nur bei besonders empfindlichen Bevölkerungsgruppen aufträten, wozu neben Kindern, Alten und Schwangeren auch kranke Menschen zu rechnen seien (Führ in Koch/Scheuing, Gemeinschaftskommentar zum BImSchG, RdNr. 91 ff. zu § 1; Jarass, BImSchG, 7. Aufl. 2007, RdNr. 51 zu § 3; Wulfhorst, NuR 1995, 221 ff.; Böhm, UPR 1994, 132/135 ff.; Baltes, BB 1978, 130/132 f.). Mit dieser Rechtsmeinung mussten sich die Gerichte hier aber schon deshalb nicht näher auseinandersetzen, weil keine greifbaren Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die auftretenden Lärmimmissionen eine – anhand eines bestimmten Krankheitsbilds abgrenzbare – Personengruppe gesundheitlich schädigen könnten.

Da es für die Zumutbarkeit von Immissionen nach allgemeinem Verständnis nicht auf atypische hochgradige Empfindlichkeiten einzelner Personen ankommt (vgl. BVerwG vom 23.5.1991 = BVerwGE 88, 210/216; Jarass, BImSchG, RdNr. 51 zu § 3; Wulfhorst, NuR 1995, 221/226), hätte die Nachbarklage selbst dann keinen Erfolg haben können, wenn eindeutig feststünde, dass der Sohn der Beschwerdeführerin aufgrund seiner individuellen Disposition durch dir Anlagengeräusche gesundheitlich beeinträchtigt wird. An einem solchen Nachweis fehlt es hier.“

p.s. „An einem solchen Nachweis fehlt es hier“

Das Gericht hat festgestellt, dass Messungen während der Nachtzeit nicht notwendig sind.

Die Ermittlung der tieffrequenten Schallbelastung in den Wohnräumen wird in Deutschland generell nicht durchgeführt, so dass keine Angaben vorliegen, wie hoch die tieffrequente Schallbelastung im Haus war.

Auf dieser Basis kann natürlich kein Nachweis erbracht werden.

Unter der Berücksichtigung der nachfolgenden Studien ist der tieffrequente Schall der Windkraftanlagen als Verursacher durchaus denkbar.

1 Low-frequency noise from large wind turbines
Henrik Møller and Christian Sejer Pedersen
http://www.windturbinesyndrome.com/wp-content/uploads/2011/06/JASMAN12963727_1.pdf
(Bei 44 dBA Außen wird ein erheblicher Teil der Anwohner durch tieffrequenten Lärm belästigt)

2 Mariana Alves-Pereira „Low Frequency Noise and Health Effects” Anlage (Epilepsie)

3 D. Kràhe, “Why is sharp-limited low-frequency noise extremely annoying?” Anlage (Epilepsie)

alves_pereira-castelo_branco-lfn-health-effects.pdf
epileptischen-infraschall.pdf
krahe-sharp-limited-lfn-annoying.pdf
Lärmmessung-2004.pdf
prognoseberechnung-baugenehmigung.pdf

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